Wer erinnert sich noch an Omas Einmachgläser, gefüllt mit verschiedenem Gemüse wie Gewürzgurken, Sauerkraut oder Bohnen? Manche haben es geliebt – Andere eher weniger. Aber eins ist klar: Oma weiß, was gesund ist! Bereits vor mehreren Jahrhunderten wurden Lebensmittel fermentiert, um sie haltbar zu machen und sich so vor dem Hungertod zu bewahren.
Das Thema auf den Punkt gebracht
- Allgemein: Fermentation ist eine Stoffumwandlung, die Lebensmittel länger haltbar macht
- Wichtig: Fermentierung und Gärung ist nicht dasselbe! Während letzteres immer anaerob stattfindet, schließt die Fermentierung auch aerobe Vorgänge mit ein.
- Hinweis: Sie können zu Hause ganz einfach selbst fermentieren! Besonders eignet sich hartes Gemüse wie Kohl, Karotten oder Paprika.
Fermentation – Was ist das?
Unter Fermentation versteht man die Stoffumwandlung organischer Stoffe durch Mikroorganismen wie Bakterien, Pilz- oder Zellkulturen. Die Mikroorganismen verwandeln dabei organische Substanzen, wie unterschiedliche Zucker, in Alkohol oder Säure – je nach Art der Fermentation. Lebensmittel und Arzneipflanzen werden so nicht nur wirksamer, da sich die Bioverfügbarkeit verbessert, es entstehen auch völlig neue Wirk- und Inhaltsstoffe. So wird durch Fermentation aus Milch z.B. Käse oder Joghurt.

Bereits vor mehreren Jahrhunderten hat man fermentiert, um Nahrungsmittel haltbar zu machen und sich so vor dem Hungertod zu bewahren. Spätestens zu Zeiten der Seefahrer war man sich dann auch über den gesteigerten Gesundheitsgehalt fermentierter Speisen bewusst, denn ohne fermentiertes Sauerkraut hätte die Mannschaft des britischen Seefahrers James Cook keine einzige ihrer teils monatelangen Expeditionen überlebt und weder Australien noch die Karibik entdecken können.
Auch die Wissenschaft bestätigt, was viele Kulturen seit der Antike wissen – fermentierte Lebensmittel bieten zahlreiche ernährungsphysiologische und gesundheitliche Vorteile. Diese schließen ein:
- Inhaltsstoffe werden vorverdaut und dadurch besser bekömmlich
- Erhöhung des Gehalts an bestimmten Nährstoffen
- Verbesserung der biologischen Zugänglichkeit von Mineralstoffen
- Erhöhung der Bioverfügbarkeit von Wirkstoffen
- Beseitigung unerwünschter Anti-Nährstoffe z. B. Lektine und Phytinsäure
- Schaffung einzigartiger Metabolite
- Unterstützung einer basischen Wirkung auf den pH-Wert des Körpers

Wie geht Fermentieren? Schritt für Schritt Anleitung
Fermentationsmethoden unterscheiden sich je nach Kultur, Generation und Inhalt. Die Quintessenz bleibt jedoch immer dieselbe: Gemüse oder Kräuter werden in einer Salzlake fest verschlossen. Den Rest erledigen die Mikroorganismen im Glas. Wie fermentiere ich?
Schritt 1: Lebensmittel vorbereiten
Zunächst sollten die Zutaten gewaschen und je nach Geschmack klein geschnitten werden.
Schritt 2: Utensilien sterilisieren
Als nächstes sollten alle Utensilien ordentlich gereinigt werden. Hierzu empfiehlt es sich, kochendes Wasser oder Dampf zu benutzen, um die Fermentiergläser zu reinigen. Hände sollten ebenfalls gewaschen und Handschuhe angezogen werden.
Schritt 3: Zutaten mischen
Die Zutaten können nun in einem sauberen Glas gemischt werden. Bei dem Salz ist die Faustregel: Eine Salz-Wasser-Ration von 1:50. Beispielsweise sollte pro 50ml Wasser 1g Salz hinzugefügt werden.
Schritt 4: Inhalt eindrücken
Nun muss der Inhalt in die Einmachgläser eingedrückt werden. Dabei empfehlen sich Glasgewichte zum Fermentieren. Sobald die Zutaten tief im Glas sind, kann die Salzlake hineingegossen werden. Das Gemüse sollte dabei gerade so bedeckt sein.
Schritt 5: Fermentieren
Nun kann man die Gläser fest verschließen und bei Zimmertemperatur für mindestens eine Woche aufbewahren. Der Raum darf nicht zu kalt sein, ansonsten sterben die Bakterien im Glas ab. Nach einer Woche kann das Fermentierte in einem kühlen und dunklen Ort aufbewahrt werden.
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Was kann beim Fermentieren schief gehen?
Warum fermentiert mein Gemüse nicht?
Zunächst ist es wichtig, das Fermentierte richtig zu lagern. Die ersten 1 bis 2 Wochen sollten die Fermentiergläser bei Zimmertemperatur stehen. Ein guter Zeitpunkt, um zu beobachten, wie sich der Inhalt langsam ändert. Nachher kann man die Gläser an einen dunklen und kühlen Ort lagern. Dazu eignet sich der Keller oder ein unbeheiztes Zimmer am besten.
Darüber hinaus sollte das passende Salz genutzt werden. Das Salz sollte keine Zusätze beinhalten wie etwa Jod, Fluorid oder Rieselfähigkeitsförderer. Die Zusätze können den Fermentationsprozess aufhalten oder ihn gar nicht erst starten lassen. Empfohlen wird Ur- oder Steinsalz.
Schimmelalarm im Fermentierglas
Bevor es überhaupt ans Einmachen geht, sollten alle Utensilien gründlich gewaschen werden. Die Gläser können in einem heißen Wasserbad oder mit Dampf sterilisiert werden. So tötet man Bakterien und Pilze ab. Die Verwendung von chemischer Reinigung wird nicht empfohlen und kann den Fermentationsvorgang beeinträchtigen.
Achtung! Wenn alles gründlich gewaschen wurde und trotzdem weiße Sedimente im Glas entstehen, gibt es keinen Grund zur Sorge. Dabei handelt es sich um aerobe Mikroorganismen, Kahmhefe genannt, die ungefährlich sind.
Konsistenz des Fermentierten
Wenn das Ferment zu weich wird, liegt es sehr wahrscheinlich an der zu hohen Temperatur des Wassers. Achte darauf, wenn du die Gläser vollgießt, dass die Lebensmittel nicht gekocht werden und somit vergären. Zudem sollte nicht zu wenig Salz benutzt werden, da die Salzlake die Lebensmittel ansonsten nicht verarbeiten kann. Eine gute Salzratio ist immer 1g Salz pro 50ml Wasser.
Plötzlich zu viel Salzlake
Es kann passieren, dass die Salzlake im Glas mit der Zeit überläuft. Wenn das passiert, sollte die Flüssigkeit aufgefangen werden. Das Wasser steigt durch die Verarbeitung des Gemüses durch die Mikroorganismen – dabei entweicht die Feuchtigkeit dem Gemüse. Wenn infolgedessen weniger Flüssigkeit im Glas ist, sollte das Gemüse tiefer reindrücken werden. Um das Ganze zu vermeiden, sollte man das Wasser nur so weit rein gießen, bis das Gemüse ganz knapp verdeckt ist.
Welche Lebensmittel kann man fermentieren?
Wenn es um das Fermentieren von Lebensmittel geht, sind dem keine Grenzen gesetzt. Prinzipiell kann man nämlich alles fermentieren, am besten eignen sich jedoch hartes Gemüse:

- Kraut
- Kohl
- Karotten
- Kartoffeln
- Bohnen
- Paprika
- Gurken
- Knollengemüse
- Kürbis
- Radieschen
- Zwiebeln
Da weiche Lebensmittel wie etwa Avocados bei der Fermentation zermürbt werden, sollte man diese eher vermeiden. Zu den traditionellen deutschen Fermenten gehört Sauerkraut, Käse, Joghurt und Bier. Auch tägliche Produkte, die wir nutzen, wie etwa Schokolade, Kaffee oder Butter, werden fermentiert. Traditionelle Fermente im asiatischen Raum sind Kombucha (Fermentierter Tee), Natto (Fermentierte Sojabohnen) und Kimchi (Fermentierter Kohl).
Kimchi Fermentation – Gesunder Mix aus Asien

Zu den traditionellen Speisen, die heute noch regelmäßig verzehrt werden, gehört vor allem Kimchi. Kimchi ist Mischung aus fermentierten Kohl, Karotten, Frühlingszwiebeln, Ingwer, Knoblauch oder Chili. Es wird hauptsächlich in Korea verzehrt und steckt voller Vitamine und guter Stoffe. Das fermentierte Gemüse ist vom Geschmack her säuerlich und leicht scharf. Warum zählt besonders Kimchi zu den vitaminreichsten Fermenten überhaupt? Im Vergleich zu den typischen Fermenten besteht Kimchi aus vielen verschiedenen Gemüsesorten. Das bedeutet, beim Fermentieren werden viel mehr Vitamine entzogen, die unserem Körper guttun. Kohl, Karotten und Frühlingszwiebeln reichern das Kimchi mit Vitamin A an. Zudem sind Ingwer, Knoblauch und Chili nicht nur kreislaufanregende Stoffe, sondern enthalten auch sehr viel Vitamin C. Und durch die Milchsäurebakterien bei der Fermentierung entstehen B-Vitamine, die mit der Zeit im Glas ansteigen.
Fun Fact: Schon gewusst? In Korea hat fast jeder Haushalt einen eigenen kleinen Kimchi-Kühlschrank.
Wer Kimchi bei sich zu Hause stehen hat, stellt sich wahrscheinlich die Frage: Wie lagert man Kimchi richtig? Kimchi kann nach der Öffnung 1-2 Monate fest verschlossen im Kühlschrank gelagert werden.
Phasen der Fermentation
Was genau passiert eigentlich beim Fermentieren? Und welche Stoffe entstehen dabei? Fermentierungsprozessen können unterschiedlich aussehen. Prinzipiell durchlaufen fermentierte Lebensmittel immer dieselben Phasen durch:
- Die Fermentation beginnt mit dem Animpfen des Wachstumsmediums mit dem gewünschten Mikroorganismus. Dem zu fermentierenden Lebensmittel werden also die gewünschten Starterkulturen zugefügt, je nachdem, welche Fermentationsendprodukte man sich wünscht.
- Acetobacter erzeugen Essigsäure
- Einige Gattungen der Ordnung Lactobacillales (zum Beispiel Lactobacillus, Streptococcus oder Leuconostoc) bilden Milchsäure
- Hefen produzieren Alkohol (meist Ethanol)
- Bacillus subtilis (Bakterium) sorgt bspw. für eine alkalische Gärung.
- In der Verzögerungsphase oder Inkubationsphase passen sich die Mikroorganismen an die neue Umgebung an. Das Zellwachstum verläuft noch schleppend. Die eigentliche Fermentation beginnt langsam.
- Danach beginnt die exponentielle Phase mit einem stetigen Anstieg der Wachstumsrate. Die zugesetzte Starterkultur (bspw. Milchsäurebakterien) beginnt den Zucker im Ausgangs-Lebensmittel zu verwerten und sich davon zu ernähren. Als Stoffwechselprodukt entsteht z. B. Milchsäure. Unter diesen guten Nähr- und Lebensbedingungen vermehren sich die Bakterien rasch und die weitere Umsetzung des Zuckers nimmt weiter zu.
- Während der Verlangsamungsphase reduziert sich die Wachstumsrate aufgrund der sinkenden Nährstoffkonzentration. Es tritt eine Art Übersättigung ein.
- Darauf folgt die stationäre Phase, in der die Biomasse konstant bleibt.
- Und schließlich beginnt die Absterbephase der Mikroorganismen. Nachdem der gesamte Zucker verbraucht wurde und damit die guten Lebensbedingungen für die Bakterien nicht mehr gegeben sind, sterben diese ab.
- Im Lebensmittel bleiben die gewünschten Fermentationsendprodukte zurück, z.B. Milchsäure.

Enzyme in fermentierten Lebensmitteln

Traditionellerweise wurden zur Fermentation Laktobazillen verwendet, denn diese kommen in der Natur auf der Oberfläche aller Lebewesen, auf Obst, Gemüse, Kräutern, Blättern und Wurzeln der Pflanzen und in rohen, nicht pasteurisierten Milchprodukten vor. Unter bestimmten Bedingungen wandeln die Laktobazillen die Stärke und den Zucker von Gemüse, Obst und Milchprodukten in Milchsäure um, welche ein natürliches Konservierungsmittel ist und das Wachstum von Fäulnisbakterien hemmt. Die Laktobazillen produzieren zudem Enzyme, die die Verdaulichkeit fördern und den Vitamin- und Mineralstoffgehalt in Lebensmitteln erhöhen.
Die in fermentierten Lebensmitteln enthaltenen Enzyme und Mikroorganismen harmonisieren die Darmflora in ein ausgewogenes Bakterien-Milieu. Ist der Darm gesund, haben schädliche Bakterien, Pilze, Parasiten und daraus resultierende Krankheiten wie z.B. Magengeschwüre, Koliken, viele Lebensmittelallergien, Blasenentzündungen oder Pilzinfektionen weitaus weniger Chancen. Eine Ernährung bestehend aus reichlich fermentierten Lebensmitteln kann Hilfe leisten, Gesundheit und Immunsystem zu verbessern und zu stärken. Oftmals werden die Enzyme und die Mikroorganismen zur Herstellung von Probiotika verwendet.
Fermentierte Nahrungsergänzung
Nicht jeder hat die Zeit und die Geduld, um fermentierte Lebensmittel zu erstellen. Und seien wir mal ehrlich: Wer will schon jeden Tag Sauerkraut essen? Um trotzdem die Vorteile von fermentierten Lebensmitteln zu nutzen, gibt es die Möglichkeit, Nahrungsergänzungsmittel zu sich zu nehmen. Fermentierte Nahrungsergänzung kann man ganz einfach mit Vitamintabletten vergleichen. Das Besondere an fermentierten Nahrungsergänzungsmitteln ist die Produktion:
Erster Schritt: Die frischen Zutaten werden gewaschen, klein geschnitten und in einen Fermenter gefüllt. Fermenter sind Behälter, in denen die Mikroorganismen kultiviert werden. Zu den Zutaten werden nun die Mikroorganismen hinzugefügt. Das können natürlich verschiedene sein, folgende Mikroorganismen lassen Stoffwechselprodukte entstehen. Nun soll das Gemisch ca. 2-3 Monate fest verschlossen ruhen.
Zweiter Schritt: Nach 2-3 Monaten kann die erste Teilfermentation gestartet werden. In diesem Schritt werden weitere Mikroorganismen dem Gemüse hinzugefügt. So wird eine immer feinere Aufspaltung der Inhaltsstoffe erzielt. Dieser Prozess dauert ein volles Jahr.
Dritter Schritt: Alle Fermentationsfraktionen werden zusammengeführt, nochmals einem Gesamtgärungsprozess unterworfen und abschließend mit einer hochmodernen Zentrifuge bearbeitet.
Somit werden in einer kleinen Kapsel so viele Vitamine gesammelt und können mit einem Schluck Wasser das Mikrobiom des Körper verbessern.
FAQ zur Fermentation
Das ist wortwörtlich Geschmackssache. Unsere Empfehlung ist, mindestens eine Woche zu fermentieren. So können die Mikroorganismen die Lebensmittel ordentlich verarbeiten.
– Die Haltbarkeit von Lebensmitteln wird verlängert
– Wichtige Nähr- und Wirkstoffe entstehen im fermentierten Lebensmittel
– Wichtige Nähr- und Aktivstoffe werden für den Körper erst durch Fermentation verfügbar gemacht
– Die Bioverfügbarkeit von bioaktiven Stoffen wird erhöht
– Die Resorptionsfähigkeit von Nähr- und Aktivstoffen potenziert sich
– Das Gesundheitspotenzial von Lebensmittel wird erhöht und hilft dabei, Krankheiten natürlich vorzubeugen oder zu behandeln
Häufig werden die Begriffe Fermentierung/Fermentation und Gärung (“Umwandlung eines Stoffes“) synonym verwendet, was allerdings nicht ganz korrekt ist, da Gärung immer anaerob stattfindet (ohne Sauerstoff), während die Fermentierung zusätzlich auch aerobe Vorgänge einschließt.